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Elternunterhalt: Wann die Kinder zahlen müssen

Elternunterhalt Kinder

Reicht bei den Eltern das Geld für die Pflege im Alter nicht, bittet der Staat die Kinder zur Kasse. Doch ab wann müssen die Kinder für den Elternunterhalt aufkommen und wie viel muss gezahlt werden? Wir zeigen Ihnen, wann und in welchem Umfang Sie für die Pflege Ihrer Eltern aufkommen müssen.

Wenn Rente und Vermögen nicht reichen, müssen die Kinder Elternunterhalt zahlen

Irgendwann kommen die meisten Senioren zu einem Punkt, an dem sie den Alltag nicht mehr allein bewältigen können – sie werden pflegebedürftig. Doch Pflege im Alter ist teuer! Wenn Pflegeversicherungen, Rente und Vermögen die Kosten nicht abdecken, sind die nächsten Angehörigen gefordert. Oft heißt das: Die Kinder müssen Elternunterhalt leisten. In vielen Fällen übernimmt der Nachwuchs die Verantwortung freiwillig und regelt die Pflege der Eltern unter sich. Oder die Eltern sorgen früh vor und treffen Vorkehrungen für den Fall der Fälle. Etwa indem sie ihr Haus verkaufen und in Einrichtungen für altengerechtes Wohnen umziehen. Dennoch springen immer häufiger die Sozialämter ein: mit der „Hilfe zur Pflege“. Bisher versuchen die Ämter jedoch, sich das Geld von den Kindern der Pflegebedürftigen zurückzuholen. Mit der Elternunterhalt Neuregelegung zum Jahr 2020 wird sich das ändern. Mit der Elternunterhalt Neuregelung 2020 müssen Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern nur noch dann Unterhalt zahlen, wenn sie ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro haben. Diese Grenze hat das Angehörigen-Entlastungsgesetz gebracht, das zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist.

Was kostet eine Unterbringung im Pflegeheim?

Im Bundesdurchschnitt kostete ein Heimaufenthalt bei Pflegegrad 4 oder 5 laut Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts monatlich etwa 3.350 Euro. Seit dem 1. Januar 2017 kommen aus der Pflegeversicherung nach der neuen Einteilung bei Pflegegrad 4 im Monat 1.775 Euro, bei Pflegegrad 5 gibt es 2.005 Euro. Jeder Heimbewohner muss einen Teil der Pflegekosten selbst zahlen. Dabei handelt es sich um den sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Er ist für jeden Bewohner einer Einrichtung gleich – unabhängig vom Pflegegrad. Es kommen noch Kosten hinzu für die Unterkunft und Verpflegung, sogenannte Investitionskosten sowie weitere Zusatzkosten. Wie hoch der Eigenanteil wirklich ist, variiert von Heim zu Heim. Laut Verband der Ersatzkassen (VDEK) lag die finanzielle Belastung eines Pflegebedürftigen im Monat bei durchschnittlich 1.830 Euro. Diesen Eigenanteil müssen Pflegebedürftige aus eigener Tasche zahlen, falls keine private Pflegezusatzversicherung vorhanden ist. Reichen Rente und Pflegeversicherung nicht aus, um die Heimkosten zu decken, übernimmt zunächst der Staat. Die Sozialämter verlangen allerdings einen Teil der Kosten von den unterhaltspflichtigen Kindern zurück. Das nennt sich Unterhaltsrückgriff (§ 94 SGB XII). Dann müssen die Kinder Elternunterhalt zahlen.

Die drei wichtigsten Fragen zum Elternunterhalt

Ob überhaupt Elternunterhalt gezahlt werden muss und wenn ja in welcher Höhe lässt sich an diesen entscheidenden Eckpunkten und Fragen festhalten:

  1. Bedarf des Unterhaltsberechtigten (§ 1610 BGB): Wie viel Geld benötigt der Vater oder die Mutter monatlich?
  2. Bedürftigkeit: Reichen die Einkünfte des Vaters oder der Mutter (Rente, Leistungen aus der Pflegeversicherung und andere Einkommen) aus, um den Bedarf zu decken?
  3. Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (§ 1603 BGB): Verfügt das unterhaltspflichtige Kind über genug Einkommen und Vermögen, um Unterhalt zahlen zu können?

Wie wird das Vermögen der Eltern berücksichtigt?

Erst müssen die Eltern ihre Einkünfte und Vermögen dem Sozialamt darlegen. Sollte dies nicht ausreichen, um eine Pflegeheime Unterkunft zu bezahlen, werden die Kinder zum Elternunterhalt verpflichtet.
Bevor die Kinder für Unterhaltszahlungen herangezogen werden, müssen die Eltern oder der Elternteil sämtliche Einkünfte aus gesetzlicher und privater Rente und der Pflegeversicherung, aber auch aus ihrem Vermögen ausgeben – also nicht nur die Vermögenserträge, sondern auch den Vermögensstamm selbst (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2003, Az. XII ZR 224/00). Einen Schonbetrag als Vermögensreserve dürfen sie allerdings behalten, das sogenannte unverwertbare Vermögen im Barwert von derzeit 5.000 Euro (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, § 1 Barbetragsverordnung). Verheirateten Paaren stehen 10.000 Euro als eiserne Reserve zu. Darüberhinausgehende Rücklagen müssen zunächst aufgebraucht werden, ehe das Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ leistet. Für Besitzer eines Hauses oder einer Eigentumswohnung wird der Verkauf der Immobilie vielfach unmittelbar zum Thema. Zieht ein Alleinstehender aus seinem Haus oder seiner Eigentumswohnung in ein Pflegeheim, so muss die Immobilie zunächst verwertet werden, bevor das Sozialamt Hilfe zur Pflege leistet. Gegebenenfalls kann sich das Amt auch eine Grundschuld eintragen lassen. Wenn das Eigenheim noch vom Ehepartner bewohnt wird, der in der Immobilie verblieben ist, und es sich um ein angemessenes Hausgrundstück handelt, fällt die Immobilie weiterhin noch unter das Schonvermögen. Haben die Eltern Anspruch auf Grundsicherung im Alter, müssen sie diese auch beantragen – diese Einkünfte haben Vorrang vor dem Unterhalt durch die Kinder. Sollte ein Elternteil solche Zahlungen erhalten, sind die Kinder nicht verpflichtet, sie an den Staat zurückzuzahlen (§ 94 Abs. 1 S. 3 HS 2 SGB XII). Kommt ein Elternteil ins Heim, dann kommt zur Grundsicherung im Alter noch die Hilfe zur Pflege hinzu (§ 61 SGB XII). Reicht das immer noch nicht zur Deckung der monatlichen Kosten aus, übernimmt wiederum der Sozialhilfeträger zunächst den Rest. Die Kinder müssen dann im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit gegebenenfalls dafür aufkommen.

Wer ist durch die Elternunterhalts-Neuregelung seit 2020 zum Elternunterhalt verpflichtet?

Reichen Rente, eigenes Vermögen und Leistungen aus der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung nicht aus, um die Kosten für das Heim oder Pflegedienste selbst zu zahlen, springt zunächst der Sozialstaat ein und streckt die Kosten vor. Haben Kinder genug Geld, fordert er es im Anschluss jedoch von ihnen zurück. Denn diese sind nach Paragraf 1601 BGB l dazu gesetzlich verpflichtet Elternunterhalt zu zahlen. Den Anspruch auf Elternunterhalt machen also in aller Regel gar nicht die Eltern selbst geltend, sondern der Sozialhilfeträger.

  • Unterhaltspflichtig sind nur diejenigen, die mit dem Hilfebedürftigen im ersten Grad verwandt sind (dazu zählen nur Eltern bzw. Kinder). des Berechtigten. Schwiegerkinder sind von dem Elternunterhalt nicht betroffen (BGH, Urteil vom 14. Januar 2004, Az. XII ZR 69/01).
  • Schwiegerkinder sind mit ihren Schwiegereltern nicht verwandt und damit auch nicht zu Unterhaltsleistungen verpflichtet.
  • Es kann aber sein, dass deren Einkommen bei der Berechnung des sogenannten individuellen Familienbedarfs berücksichtigt wird und es dadurch zu einer indirekten Schwiegerkindhaftung kommt (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2014, Az. XII ZB 25/13).
  • Das Sozialamt kann nur von Personen Unterhaltszahlungen verlangen, die ein Jahresbruttoeinkommen ab 100.000 Euro haben.

Wie steht es um den Elternunterhalt, wenn kein Kontakt zu den Eltern besteht

Auch ohne bestehenden Kontakt zu ihren Eltern sind die Kinder unterhaltspflichtig. Der Elternunterhalt kann nur durch sehr schwere Verfehlungen gegen das Kind verwirken. Besteht seit Jahren kein Kontakt und ist der betroffene Elternteil früheren Unterhaltsverpflichtungen dem Kind gegenüber nicht nachgekommen, dann muss das erwachsene Kind nicht für den pflegebedürftigen Elternteil aufkommen.

Was zählt als Einkommen?

Beim Elternunterhalt muss man sein Einkommen offen legen.
Nicht nur Ihr Gehalt, sondern auch Kapitaleinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wird zur Berechnung des Elternunterhalts herangezogen.
Auf eine Unterhaltspflicht wird vom Sozialamt nur überprüft, wenn ein entsprechender Verdacht oder Hinweis vorliegt. Schreibt Ihnen das Amt mit einem solchen Verdacht, dann müssen Sie Ihre Einkünfte offenlegen. Zu Ihrem Einkommen kann unter Umständen mehr zählen als nur Ihr Arbeitsentgelt bis zu weilen Arbeitseinkommen. Nach Paragraf 94 Abs. 1a SGB XII kommt es auf das jährliche „Gesamteinkommen im Sinne des Paragraf 16 des vierten Buches“ an. Das bedeutet: Nicht nur das Arbeitsentgelt (brutto, nach dem Abzug von Werbungskosten) und der Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit werden berücksichtigt, sondern auch Kapitaleinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Hinweis:

Das Einkommen der Schwiegerkinder bleibt außen vor. Es zählt nur das Einkommen der eigenen Kinder. Das bedeutet etwa: Wenn die Tochter eines Pflegebedürftigen nur einen Minijob hat, muss sie auch dann nicht zum Unterhalt für ihre pflegebedürftige Mutter beitragen, wenn ihr Ehepartner jährlich deutlich über 100.000 Euro brutto verdient. Das Vermögen der Kinder spielt – soweit das Gesamteinkommen unter 100.000 Euro liegt – keinerlei Rolle mehr.

Wie wird das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen berechnet?

Rechnen Sie Ihre tatsächlich erzielten Einkünfte zusammen, um zu ermitteln, ob Sie Unterhalt für Ihre Eltern leisten müssen (§ 1603 Abs. 1 BGB): Arbeitnehmer: Sind Sie Arbeitnehmer, müssen Sie den Durchschnitt Ihres Nettogehalts aus zwölf zusammenhängenden Monaten vor Eintritt des Unterhaltsbedarfs bilden. Dazu addieren Sie noch Kapitaleinkünfte und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Selbstständige: Falls Sie selbstständig sind, ist das durchschnittliche Einkommen der zurückliegenden drei bis fünf Jahre heranzuziehen. Entscheidend ist das Netto-Einkommen. Diese Posten können Sie vom Einkommen abziehen Vom so ermittelten Netto-Einkommen werden folgende Kosten abgezogen:

  • berufsbedingte Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten);
  • Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen;
  • Darlehensverbindlichkeiten, insbesondere Zins- und Tilgungszahlungen einer Baufinanzierung für Wohneigentum, jedoch höchstens bis zur Höhe des angerechneten Wohnvorteils (BGH, Beschluss vom 18. Januar 2017, Az. XII ZB 118/16);
  • private Altersvorsorgekosten bis zu 5 Prozent des Bruttoeinkommens (BGH, Urteil vom 28. Juli 2010, Az. XII ZR 140/07);
  • Aufwendungen für regelmäßige Besuche des Elternteils (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2012, Az. XII ZR 17/11).

Diese Posten können Sie nicht vom Einkommen abziehen Diese Kosten können Sie nicht für das Unterhaltsrelevante Einkommen abziehen, weil sie bereits im Selbstbehalt enthalten sind:

  • Beiträge für Hausrats- und Haftpflichtversicherungen,
  • Rundfunkgebühren,
  • Miete und Mietnebenkosten in Höhe von 480 Euro.

Liegen Miete und Nebenkosten der Kinder tatsächlich höher, müssen Sie die tatsächlichen Mehraufwendungen nachweisen. Dann können Sie sie ebenfalls abziehen. Dem unterhaltspflichtigen Kind ist es nicht zuzumuten, dass es wegen der Zahlungen seine angestammte Wohnung aufgibt. Außerdem abgezogen werden andere Unterhaltspflichten, die Sie gegenüber Ihrem Ehepartner sowie eigenen Kindern haben. Denn diese Verpflichtungen haben Vorrang vor dem Elternunterhalt (§ 1609 BGB).

Achtung:

Nehmen Sie auf keinen Fall ein Darlehen auf, um Ihr unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen zu verringern. Das rechnet sich nicht. Denn die Bemessung Ihrer Unterhaltszahlungen richtet sich immer im Einzelfall nach der Ihnen angemessenen Lebenslage.

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Wie hoch ist beim Elternunterhalt der Selbstbehalt?

Vom so errechneten bereinigten Netto-Einkommen können die Kinder nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle 2020 ihren Selbstbehalt abziehen. Dem zum Elternunterhalt verpflichteten steht ein Selbstbehalt steht 2020 1.800 Euro zu (einschließlich 480 Euro Warmmiete). Bei verheirateten Kindern kommt für den Ehepartner ein Betrag von 1.440 Euro pro Monat hinzu. Der Familienselbstbehalt beläuft sich damit derzeit monatlich auf 3.240 Euro. Wer ohne Trauschein mit seinem Partner zusammenlebt, kann den erhöhten Familienselbstbehalt nicht für sich beanspruchen (BGH, Beschluss vom 9. März 2016, Az. XII ZB 693/14). Hinzu kommen Freibeträge für eigene Kinder, die sich ebenfalls nach der Düsseldorfer Tabelle richten. Kinder müssen von diesem bereinigten und um den Selbstbehalt verminderten Netto-Einkommen die Hälfte an Elternunterhalt zahlen.

Beispiel:

Bei einem bereinigten Netto-Einkommen von 2.000 Euro und einem Selbstbehalt von 1.800 Euro ergibt sich ein Elternunterhalts-Anspruch in Höhe von 50 Prozent von 200 Euro, also 100 Euro im Monat.

Tipp:

Kinder, die Vater oder Mutter pflegen, können nach deren Tod bei der Erbschaft den sogenannten Pflegefreibetrag von bis zu 20.000 Euro beanspruchen (BFH, Urteil vom 10. Mai 2017, Az. II R 37/15). Die Finanzverwaltung hatte bislang den Freibetrag nicht gewährt, wenn der Erbe gesetzlich zur Pflege oder zum Elternunterhalt verpflichtet war.

Wie wird der Elternunterhalt bei mehreren Kindern berechnet?

Sollte mindestens ein Kind mehr als 100.000 Euro verdienen, wird die Höhe des Unterhalts nach den entsprechenden Leitlinien berechnet (zum Beispiel Düsseldorfer Tabelle). Gibt es mehrere Geschwister, von denen mindestens eins ein Jahresbrutto von mehr als 100.000 Euro hat, wird es komplizierter:

  1. Im ersten Schritt wird ausgerechnet, wie viel Unterhalt jeder anteilig unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bezahlen müsste. Die Unterhaltspflicht wird also entsprechend der finanziellen Möglichkeiten der Kinder aufgeteilt – und nicht einfach durch die Anzahl der Kinder geteilt. Es kann sein, dass Kinder mit hohem Einkommen mehr Unterhalt bezahlen müssten als Geschwister, die weniger zur Verfügung haben.
  2. Im zweiten Schritt wird dann geprüft, welches Geschwisterkind überhaupt über den 100.000 Euro Jahresbrutto liegt. Denn den im ersten Schritt berechneten Anteil muss nur zahlen, wer auch in die Unterhaltspflicht fällt. Es kann sein, dass einige Kinder Unterhalt zahlen müssen, während ihre Geschwister nicht dazu verpflichtet werden.
  3. Was die Eltern dann trotz des eventuellen Unterhalts ihrer Kinder immer noch an Geld für die Pflege brauchen, übernimmt das Sozialamt.

Können meine Eltern auf Zahlungen verzichten?

Viele Senioren wollen ihre Kinder nicht finanziell belasten und deswegen keinen Elternunterhalt einfordern. Diese Wahl haben sie aber nicht, wenn sie für Pflegeleistungen, die sie nicht selbst bezahlen können, Hilfe in Anspruch nehmen. Eltern können ihre Kinder dann nicht aus der Verantwortung für Unterhaltszahlungen nehmen. Der Staat muss den Unterhalt einfordern, wenn der Nachwuchs unterhaltspflichtig ist. Auch Abfindungen oder sonstige Vereinbarungen, die Unterhaltsansprüche reduzieren, sind nicht wirksam. Ein Verzicht auf Elternunterhalt ist nur dann möglich, wenn sich bei den Eltern Rücklagen aus vorherigen Unterhaltszahlungen gebildet haben.

Was ist zu tun, wenn bisher Elternunterhalt gezahlt werden musste?

Das Sozialamt verlangt den Elternunterhalt von den Kindern des Pflegebedürftigen.
Das Sozialamt wird prüfen, ob Sie 2020 weiterhin Elternunterhalt zahlen müssen.
Sie müssen keine weiteren Schritte einleiten. Wenn Sie unter 100.000 Euro verdienen, müssen Sie durch die Elternunterhalt-Neuregelung 2020 ab dem 01.01.2020 automatisch keinen Elternunterhalt mehr bezahlen. Nur wenn das Sozialamt Anhaltspunkte für das Gegenteil hat, wird es weiterhin eine Unterhaltsverpflichtung prüfen. Ansonsten muss es vermuten, dass Sie nicht die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro überschreiten.

Entscheidung fürs Pflegeheim wird erleichtert

Manche Pflegebedürftige haben bislang den Wechsel ins teure Pflegeheim aufgeschoben, um zu verhindern, dass ihre Kinder vom Sozialamt zur Kasse gebeten werden. Dieses Argument gegen einen Umzug entfällt bei vielen seit der Elternunterhalt Neuregelung ab 2020. Daher könnte der Anteil der in Heimen betreuten Pflegebedürftigen künftig steigen. Wichtig zu wissen: Die Pflegeversicherung muss den Umzug ins Pflegeheim nicht genehmigen und sie darf den Umzug ins Heim nicht verhindern. Was im Übrigen auch finanziell gesehen sinnlos wäre, denn die Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflege zu Hause sind inzwischen vielfach sogar höher als die Leistungen für die Heimpflege. Daher hat der Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages bei der Beratung des Pflegestärkungsgesetzes klargestellt: „Hinsichtlich der Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 ist in der Regel davon auszugehen, dass sie nicht ohne gute Gründe ein vollstationäres Pflegeheim wählen, um ihre Versorgung sicherzustellen.“ Eine Überprüfung der Gründe und Motive für den Wechsel ins Heim stelle deshalb entweder eine unnötige Belastung des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung oder der Pflegebedürftigen selbst dar. Das bedeutet: Pflegebedürftigen steht es – zumindest was die Pflegeversicherung betrifft – völlig frei, sich entweder für die ambulante oder die stationäre Pflege zu entscheiden. Etwas anders sieht es aber unter Umständen aus, wenn der Sozialhilfeträger mit ins Spiel kommt.

Mitsprache des Sozialamts bei Wechsel ins Pflegeheim wird wichtiger

Wenn beim Sozialamt im Zusammenhang mit einem geplanten Einzug in ein Pflegeheim Hilfe zur Pflege beantragt wird, prüft dieses, ob ein Wechsel ins Pflegeheim notwendig ist. Hierzu regelt Paragraf 65 des zwölften Sozialgesetzbuchs: „Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.“ Und Paragraf 64, der die Überschrift „Vorrang“ trägt, regelt: „Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.“ Da die Sozialämter wohl mit weit mehr Anträgen auf Hilfe zur Pflege und entsprechenden Ausgaben rechnen müssen, wird die Prüfung der Heimnotwendigkeit künftig wichtiger werden. Welche Maßstäbe dabei für die Notwendigkeit des Heimeinzugs angelegt werden, dürfte sehr von den örtlichen Gegebenheiten abhängen. Das Hauptaugenmerk wird dabei wohl auf mögliche Alternativen zum Wechsel ins Pflegeheim gelegt werden. Hierbei wird es um Fragen gehen wie:

  • Ist durch eine Wohnungsanpassung ein Verbleib in den eigenen vier Wänden möglich?
  • Kann durch eine verstärkte Nutzung einer Tagespflegeeinrichtung ein Wechsel ins Pflegeheim verhindert werden?
  • Durch welche Maßnahmen kann eine (weitere) Entlastung von pflegenden Angehörigen erfolgen?

Die Klärung solcher Fragen ist möglicherweise durchaus im Interesse der Betroffenen. Unter Umständen kommen dabei auch interessante Alternativlösungen zustande.

Beispiel:

Die 86-jährige Anne Schäfer ist in Pflegegrad 3 eingestuft und wird von ihrer berufstätigen Tochter betreut. Anne Schäfer nutzt das Angebot einer Tagespflege an drei Tagen in der Woche. An diesen Tagen bringt ihre Tochter sie morgens auf dem Weg zur Arbeit in die Tagespflegeeinrichtung und holt sie auf dem Rückweg nachmittags wieder ab. Die Tagespflege wird aus dem hierfür vorgesehenen Etat der Pflegeversicherung finanziert. Aufgrund einer Verschlechterung der gesundheitlichen Situation von Anne Schäfer wäre eine fünftägige Nutzung der Tagespflege erforderlich. Doch hierfür reicht der für die Tagespflege bei Pflegegrad 3 vorgesehene Etat der Pflegeversicherung nicht aus. Das ist ein entscheidender Grund für den Plan, ins Pflegeheim umzuziehen. In einem solchen Fall kann unter Umständen mit dem örtlichen Sozialamt vereinbart werden, dass das Amt die verbleibenden Restkosten für die Tagespflege übernimmt. Dann würde sich ein Umzug ins Heim erübrigen.

Falls aber eine Betreuung in den eigenen vier Wänden nicht sichergestellt ist, darf das Sozialamt den Wechsel ins Pflegeheim nicht blockieren.

Weitgehend freie Heimwahl

Das Sozialamt darf – wenn der Wechsel ins Heim notwendig ist – die Betroffenen auch nicht zur Wahl des billigsten Heimes verpflichten. Das entschied zuletzt das Bundessozialgericht (BSG) am 5.Juli 2018. Teure Seniorenresidenzen scheiden aber aus. Die Konstellation, über die das BSG zu entscheiden hatte, wird man in Deutschland überall antreffen: Mehrere Pflegeheime stehen für Betroffene zur Auswahl (gegebenenfalls im Einzelfall auch mit längeren Wartelisten). Doch die Heimkosten sind unterschiedlich. Darf der Sozialhilfeträger dann einem Pflegebedürftigen vorschreiben, das kostengünstigste Heim zu wählen – und andernfalls die Restkostenübernahme ablehnen oder begrenzen? Genau darüber wurde in Kassel entschieden, wobei es um gut 11.000 Euro Schulden ging, die eine inzwischen Verstorbene innerhalb der sieben Jahre, die sie im klagenden Pflegeheim lebte, angehäuft hatte. Der Sozialhilfeträger bezog sich dabei auf eine Regelung in Paragraf 9 Absatz 2 des zwölften Sozialgesetzbuchs, in dem es um die Sozialhilfe geht. Darin heißt es: „Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre“. Genau das sei hier nicht der Fall gewesen, befand das Bundessozialgericht. Denn das ausgewählte Heim habe lediglich die mit den Kostenträgern vereinbarten Pflegesätze berechnet. An den Verhandlungen dazu habe der Sozialhilfeträger mitgewirkt – auch er sei an die Ergebnisse, die dabei erzielt wurden, gebunden. Das BSG stellte klar, dass das „Wunsch- und Wahlrecht der leistungsberechtigten Person“ durch den gesetzlichen Mehrkostenvorbehalt nicht beschränkt ist, „wenn sie – wie hier – eine Einrichtung wählt, mit der für den Beklagten verbindliche Pflegesatz- bzw. Vergütungsvereinbarungen“ bestehen (Az.: B 8 SO 30/16).

Tipp:

Pflegebedürftige und Angehörige, die wünschen, dass das Sozialamt für die „Lücke“ bei der Pflegefinanzierung aufkommt, sollten sich in jedem Fall fachkundig beraten lassen. Eventuell kann das Pflegeheim beim Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ behilflich sein. Bei Pflegebedürftigen, die ambulant betreut werden, kann möglicherweise der Pflegedienst bei der Antragstellung helfen. Ein guter Ansprechpartner sind in jedem Fall Pflegeberatungsstellen.

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