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Kann ich meinen Angehörigen pflegen?

Angehörige pflegen

Einen pflegebedürftigen Angehörigen selbst zu versorgen, ist ein großer Schritt, den man sich gut überlegen muss. Jens Spahn konnte sich die Pflege seiner Eltern nicht vorstellen. Dabei haben wir alle die Verantwortung, uns um unsere pflegebedürftigen Eltern zu kümmern. Für die meisten von uns ist das auch selbstverständlich. Doch einen Angehörigen zu pflegen, ist eine große zusätzliche Belastung. Daher haben wir das Recht und die Pflicht, uns diese Entscheidung gut zu überlegen, denn wir müssen gleichzeitig auch für unsere Gesundheit und eventuell unsere Familie sorgen. Wir haben ein paar Fragen zusammengestellt, die Ihnen helfen, die richtige Entscheidung treffen zu können, ob Sie Ihren Angehörigen pflegen sollten oder nicht. Und, wenn die Antwort positiv ausfällt, um was Sie sich alles Gedanken machen sollten.

Wieweit kann und will ich meinen Angehörigen pflegen?

Fragen Sie sich, ob Sie die Geduld und Gelassenheit aufbringen werden, um täglich die für ihn geeignete Nahrung zuzubereiten? Können Sie ihn auch bei der Nahrungsaufnahme unterstützen? Trauen Sie es sich auch zu, Ihren Angehörigen bei der Körper- und besonders auch der Intimpflege zu unterstützen. Können Sie sich vorstellen, Ihren Angehörigen auch im Intimbereich zu waschen? Wäre es für Sie denkbar, ihn bei den Toilettengängen zu unterstützen oder den Wechsel von Inkontinenzartikeln durchzuführen? Oder möchten Sie Grenzen bei der Versorgung setzen? Wenn ja, welche sind das? Hier sollten Sie ehrlich mit sich und Ihren Grenzen umgehen. Wenn Sie sich dazu entscheiden, die Pflegeaufgabe anzunehmen, dann sollten Sie sich bei Ihrer Pflegekasse informieren, welche kostenlosen Kurse für pflegende Angehörige in Ihrer Region angeboten werden. Dort erhalten Sie einen ersten Eindruck davon, was die tägliche Versorgung eines Pflegebedürftigen bedeutet. Hier erlernen Sie die praktischen Grundlagen für die Pflege und können sich mit anderen Angehörigen austauschen.

Bin ich körperlich dazu in der Lage, meinen Angehörigen zu pflegen?

Die Versorgung eines Pflegebedürftigen ist körperlich anstrengend. Sie erfordert Kraft und Ausdauer. Je nach Pflegegrad sind die Aufgaben unterschiedlich. Doch meist betreffen sie die Unterstützung beim An- und Auskleiden, die tägliche Körperpflege, das Vorbereiten und Anreichen von Mahlzeiten, die Begleitung zu Terminen. Fragen Sie sich, ob Sie dazu in der Lage sind, täglich körperlich zu arbeiten und das über einen Zeitraum, den Sie nicht einschätzen können, denn es kann sich um eine Betreuung über viele Jahre handeln. Besonders Menschen mit Schulter- und Rückenproblemen sowie körperlich eingeschränkte oder wenig belastbare Personen sollten sich eingestehen, dass sie selbst nur einen Teil der pflegerischen Tätigkeiten übernehmen können. Sie sollten sich von Anfang an von professionellen Pflegekräften unterstützen lassen. Informieren Sie sich, welche körperliche und psychische Entlastung für pflegende Angehörige es außerdem geben kann. Überlegen Sie auch, welche anderen Familienmitglieder oder Freunde Sie gegebenenfalls unterstützen könnten.

Kenne ich alle gesetzlichen Ansprüche, die ein Pflegebedürftiger hat?

Anwältin arbeitet am Schreibtisch. Vor ihr die Justizia
Einen Angehörigen zu pflegen, bedeutet auch viel Papierkram. Anträge ausfüllen, Formulare einreichen, sich mit den Pflegegesetzen auseinandersetzen.

Pflegende Angehörige haben sowohl bei einer häuslichen Versorgung als auch der Unterbringung in einem Pflegeheim Anspruch auf viele unterschiedliche Unterstützungsangebote. Informieren Sie sich daher über die Angebote, die Sie als pflegenden Angehörigen entlasten können. Dann können Sie die Versorgung des Pflegebedürftigen besser planen.

Traue ich mir als pflegender Angehöriger die zusätzliche Belastung durch die Pflege psychisch zu?

Als pflegender Angehöriger ist die körperliche Belastung die eine große Anforderung, die man richtig einschätzen muss. Allerdings darf die psychische Beanspruchung durch die Übernahme der Betreuung nicht unterschätzt werden. Die Pflege eines Angehörigen ist meist sehr zeitintensiv und kann täglich mehrere Stunden betragen. Als pflegende Angehörige leben Sie in dieser Zeit oft isoliert und haben kaum Zeit für ihre eigenen sozialen Kontakte. Sie sollten sich daher von Beginn an überlegen, wie Sie für sich selbst Ausgleichsmöglichkeiten schaffen können. Leben Sie selbst in einem stabilen sozialen Umfeld und haben erfüllende Hobbys, die Ihnen helfen Stress abzubauen? Wägen Sie ab, ob Sie die Pflege langfristig durchführen können, ohne Ihre eigene Gesundheit zu gefährden und Ihrem Angehörigen, trotz der täglichen Belastung, wertschätzend und respektvoll gegenübertreten können.

Ist die Versorgung meines Angehörigen zuhause möglich?

altersgerechtes Badezimmer mit Sitzstuhl und Haltegriffen in der Dusche und am WC
Die Pflege zu Hause bedeutet in der Regel auch die barrierefreie bzw. altersgerechte Wohnraumanpassung. Ist das überhaupt möglich? Wenn ja, wo kann ich finanzielle Zuschüsse beantragen?

Um einen Angehörigen zuhause pflegen zu können, müssen gewisse wohnliche Voraussetzungen gegeben sein. Manche sind einfach durchzuführen, wie der Umbau einer Wanne zur Dusche, andere stellen eine wesentlich größere Herausforderung dar, wie zum Beispiel ein zu kleines Bad oder zu enge Türenbreiten. Eine Treppe, die vom Pflegebedürftigen nicht mehr selbst bewältigt werden kann, kann mit einem Treppenlift ausgestattet werden und so die Eigenständigkeit und Mobilität des Pflegebedürftigen fördern. Für beide Maßnahmen können Sie übrigens Zuschüsse von der Pflegekasse erhalten. Alle wichtigen Informationen über einen Treppenliftzuschuss können Sie hier nachlesen: „Treppenlift Zuschuss – Wo und wie erhalte ich diesen!“ Zuschüsse zum Bad-Umbau hier: „So einfach ist der Umbau von der Wanne zur Dusche“ In beiden Fällen bedeutet dies jedoch optische Veränderungen Ihres Wohnraums in Kauf zu nehmen. Sind Sie dazu bereit Teppiche zu entfernen, die unnötige, gefährliche Stolperfallen darstellen oder einen Raum freizuräumen, in dem das Pflegebett Ihres Angehörigen stehen kann? Mehr Informationen zur Sturzprophylaxe finden Sie in diesem Artikel: „Sturzprophylaxe Maßnahmen – Sicher im eigenen Zuhause“ und zu wohnumfeldverbessernde Maßnahmen in diesem Artikel: „Zuschüsse Pflegekasse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ 

Kann ich die Pflege meines Angehörigen mit meinem Beruf vereinbaren?

Vor allem für Berufstätige ist die Entscheidung, die Pflege des Angehörigen zu übernehmen, oftmals nicht einfach. Sind Sie dazu bereit, Ihren Job (temporär) aufzugeben oder Ihre Arbeitszeit zu reduzieren? Ist Ihr Arbeitgeber vielleicht dazu bereit, Ihnen flexiblere Arbeitszeiten einzuräumen? Wenn Sie Ihren Angehörigen über einen längeren Zeitraum pflegen, können Sie die sogenannte Familienpflegezeit für maximal zwei Jahre in Anspruch nehmen. Währenddessen können Sie Ihre Arbeitszeit auf mindestens 15 Stunden pro Woche reduzieren. Zum Ausgleich kann ein zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Anspruch genommen werden. Alles Wissenswerte zu Vereinbarkeit von Pflege und Beruf finden Sie in dem Artikel: „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege – Wie geht das ohne Stress?“ 

checkliste pflege zuhause organisieren

Informieren Sie sich über Hilfsmöglichkeiten

Sie haben sich entschieden Ihren Angehörigen zu pflegen, dann informieren Sie sich über Hilfsmöglichkeiten und Ansprüche. Beispielsweise können Sie sich beraten lassen über barrierefreies Wohnen, Sturzprophylaxe, Pflegehilfsmittel, Hausnotrufdienst, Tagespflege, Kurzzeitpflege, Pflegehilfsdienste, Pflegegeld. Weitreichendere Informationen zu den genannten Hilfsmöglichkeiten und Ansprüchen finden Sie in diesen Artikeln:

Eine Beratung erhalten Sie zum Beispiel bei einer Seniorenberatungsstelle bzw. bei den Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, der Deutschen Roten Kreuzes sowie städtischen und kirchlichen Beratungsstellen. Auch das Entlassmanagement des Krankenhauses kann Ihnen beratend zur Seite stehen. Mehr über das Entlassmanagement erfahren Sie in dem Artikel: „Das Entlassmanagement im Krankenhaus – Was regelt das alles“ Darüber hinaus finden Sie viele Informationen zu den oben genannten Themen in unserem ProVita-Magazin.

Wenn Sie sich entschieden haben ihren Angehörigen zu pflegen.

Eine Angehörige füttert Ihre Mutter.
Pflegende Angehörige sind oft mit hohen Belastungen konfrontiert. Wichtig ist sich immer wieder eine Auszeit zu nehmen, um keinen Burnout zu bekommen.

Wenn sich Kinder entscheiden, die Pflege eines Elternteils zu übernehmen, müssen sich beide auf die neue Situation einstellen. Geben Sie daher sich und Ihren Eltern die nötige Zeit dazu. Sowohl Sie als auch Ihre Eltern und Ihre Familie müssen auf gewohnte Rituale verzichten. Unzufriedenheit, Wut und Verbitterung können die Folge sein. Auch Hilflosigkeitsgefühle und Ängste vor der Zukunft sind leicht nachvollziehbar. Achten Sie darauf, dass Sie Ihren Eltern nur die Tätigkeiten abnehmen, die sie nicht mehr selbst ausüben können. So stärken Sie das Selbstvertrauen Ihrer Eltern und entlasten sich als pflegender Angehöriger. Vielleicht gibt es sogar Arbeiten und Tätigkeiten, die Ihre Eltern übernehmen können. Damit geben Sie ihnen das Gefühl, noch gebraucht zu werden. Ein wichtiges Gefühl. Bleiben Sie in der Pflege bestimmt, konsequent und liebevoll, wenn Sie Ihren Angehörigen pflegen. Insbesondere dann, wenn er in Ihre Alltagsgewohnheiten hineinreden möchte. Vergessen Sie nicht bewusst feste Zeiten einzuplanen, in denen Sie nur für Ihren Partner, Ihre Kinder, Freunde oder für sich selbst da sind. Mehr zum Thema Auszeit finden Sie in dem Artikel: „Auszeit für pflegende Angehörige – endlich Zeit für mich“ Denn Pflege kann schnell zur Überlastung führen und krank machen. Eventuell droht auch ein Burnout. Von daher sind fest vereinbarte Zeiten, Aktivitäten und Hobbys sehr wichtig. Auch sollten Sie nicht alle Arbeiten selbst erledigen. Holen Sie sich Hilfe, denn Sie müssen mit Ihren Kräften haushalten. Es existieren genügend Beispiele, die zeigen, dass pflegende Angehörige durch die Überbelastung krank geworden sind. Zu lesen in unserem Artikel: „Pflegende Angehörige an Belastungsgrenze angekommen“  Wie Sie sich von der Pflege entlasten können, erfahren Sie hier: „Entlastung für pflegende Angehörige – das können Sie tun!“ Hier finden Sie gezielte Maßnahmen, die dabei helfen können, zur Entlastung von pflegenden Angehörigen beizutragen und die Pflege zu erleichtern. Lenken Sie Ihren Blick auf das Positive. Die Pflege eines Angehörigen muss nicht nur eine Last sein. es kann für Sie auch eine belohnende Erfahrung sein, Ihren Eltern etwas zurückzugeben und Sie auf der letzten Wegstrecke zu begleiten. Sie können Ihre Eltern in einem neuen Kontext kennenlernen und einiges erfahren, was Sie bisher nicht wussten. Vielleicht kann auch die Pflege des Angehörigen ein Modell für Sie sein, wie man seine letzten Lebensjahre lebt.

Checkliste

Vorbereitende Fragen ob man Angehörige pflegen sollte Als Vorbereitung auf die private Pflege Ihrer Eltern sollten Sie sich über folgende Fragen Gedanken machen und diese mit Ihrer Familie besprechen: Fragen bezüglich Ihrer Eltern

  • In welchen Bereichen benötigen meine Eltern Hilfe und Unterstützung? Was muss ich für sie übernehmen?
  • Wo werden sie schlafen und sich tagsüber aufhalten?
  • Welche zusätzlichen Pflegeleistungen brauche ich von anderen Menschen?
  • Wie gut können meine Eltern Hilfe annehmen?
  • Wie gut ist meine Beziehung zu meinen Eltern? Wie sind wir bisher mit Konflikten umgegangen?

Fragen bezüglich Ihres Alltags

  • Kann ich meine Berufstätigkeit weiterführen? Wenn nein, kann ich auf Teilzeit gehen oder eine Pflegepause einlegen?
  • Wie wird sich der Tagesablauf verändern? Schlafen, essen, waschen, putzen etc.?

Fragen bezüglich Ihrer Partnerschaft

  • Was ändert sich für meinen Partner und meine Kinder?
  • Wie sieht es mit gemeinsamen Aktivitäten und Ferien aus?
  • Wie wird uns die Pflege finanziell belasten?

Fragen bezüglich der eigenen Interessen, Hobbys und Freunde

  • Wie viel Zeit bleibt mir für Freunde?
  • Kann ich weiterhin meinem Hobby nachgehen?

Fragen bezüglich der körperlichen und psychischen Belastung

  • Wie gut kann ich mich abgrenzen?
  • Wie gut kann ich delegieren?
  • Wie viel Schlaf und geregelten Rhythmus brauche ich?
  • Wie gut kann ich eigene Bedürfnisse geltend machen?

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