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Pflegevertretung: damit pflegende Angehörige durchatmen können

Eine pflegende Angehörige begrüßt IHre Pflegevertretung an der Haustür.

Als pflegender Angehöriger übernimmt man eine große Verantwortung für einen Pflegebedürftigen und gleichzeitig auch eine zeitintensive Verpflichtung auf sich. Auch die emotionale Intensität dieser Aufgabe darf nicht unterschätzt werden. Doch was tun, wenn plötzlich wichtige persönliche Termine anstehen, man selbst erkrankt oder dringend ein kurzer Erholungsurlaub nötig ist?

Eine Pflegevertretung mithilfe der Verhinderungspflege

Für all diese Fälle können Sie sich durch eine Pflegevertretung vertreten lassen. Dafür können Sie als pflegender Angehöriger die sogenannte Verhinderungspflege in Anspruch nehmen. Die Verhinderungspflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung und regelt nach § 39 des Sozialgesetzbuches 11 (SGB XI) Leistungen, Umfang und Kosten. Wir erklären Ihnen, wer Pflegevertretung überhaupt machen darf und wie Sie den Antrag auf Verhinderungspflege stellen.

Warum soll ich eine Pflegevertretung nutzen?

Eine Pflegebedürftigkeit kann sehr lange andauern. Manche Pflegende gönnen sich deshalb jahrelang keinen Urlaub, weil sie Mutter, Vater oder Partner nicht alleine lassen wollen. Doch damit schaden sie sich oftmals selbst. Wenn Phasen der Erholung fehlen, werden Pflegende meist selbst irgendwann krank und können sich dann auch nicht mehr kümmern. Um das zu vermeiden, gibt es das Konzept der Patienten- und Pflegevertretung. Für einige Tage oder Wochen kann diese durch Angehörige, Freunde oder Profis durchgeführt werden. In dieser Zeit kann die Hauptpflegeperson ausspannen. Auch wenn die ganz normale Wintererkältung droht, kann die Pflegeperson sich in Ruhe auskurieren, während die Pflege von anderen sichergestellt wird.

Wer kann die Pflegevertretung übernehmen?

 

Sie sollten gut abwägen, wer die Patienten- und Pflegevertretung übernimmt.
Grundsätzlich ist es Ihnen überlassen, wen Sie als Pflegevertretung für die Verhinderungspflege im häuslichen Umfeld als geeignet erachten und einsetzen. In Bezug auf die Kostenerstattung gibt es jedoch Unterschiede, ob Sie nahe Angehörige oder Nachbarn, sowie Pflegedienstmitarbeiter zur Entlastung engagieren.

Wer gilt nach § 1590 des Bundesgesetzbuches (BGB) als verwandt oder verschwägert

Verwandte des Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad sind:

  • Eltern
  • Kinder (einschließlich der für ehelich erklärten und angenommenen Kinder)
  • Großeltern
  • Enkelkinder
  • Geschwister

Verschwägerte des Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad sind:

  • Stiefeltern
  • Stiefkinder
  • Stiefenkelkinder (Enkelkinder des Ehegatten)
  • Schwiegereltern
  • Schwiegerkinder (Schwiegersohn/Schwiegertochter)
  • Schwiegerenkel (Ehegatten der Enkelkinder)
  • Großeltern der Ehegatten
  • Stiefgroßeltern
  • Schwager/Schwägerin

Prinzipiell steht jedem ein Verhinderungspflege-Budget in Höhe von 1.612 € jährlich zur Verfügung. Wenn die Verhinderungspflege jedoch von einer Ersatz-Pflegeperson übernommen wird, die mit dem Antragsberechtigten bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert ist oder im selben Haushalt lebt, kann nur ein reduzierter Betrag abgerechnet werden. Dieser reduzierte Betrag orientiert sich am Pflegegeld, das bezogen wird, der für den jeweiligen Pflegegrad zur Verfügung steht. Konkret wird maximal das 1,5-fache des Pflegegeldes bei der Pflegevertretung durch Angehörige gezahlt. Wird die Pflegevertretung nicht durch Angehörige, sondern durch Freunde, Nachbarn, Haushaltshilfen oder professionelle Dienstleister durchgeführt, stehen Ihnen Verhinderungspflegegelder von maximal 1.612 € im Jahr für deren Bezahlung zu. Ambulante Pflegedienste können die entstandenen Kosten direkt mit der Pflegekasse abrechnen. Sie sollten also abwägen, wer die Patienten- und Pflegevertretung übernimmt bzw. wen Sie damit beauftragen – und ob Sie diese durch einen Angehörigen oder Nicht-Angehörigen durchführen lassen.

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Der Antrag auf Verhinderungspflege

Sie können, müssen aber keinen Antrag auf Verhinderungspflege im Vorfeld stellen. Es reicht, wenn Sie die Leistung mit der Abrechnung nachträglich beantragen. Denn wer weiß schon im Voraus, wann man krank wird. Sie können den Antrag auf Pflegevertretung sogar rückwirkend beantragen. Aufgrund der Verjährungsregelungen in der sozialen Gesetzgebung (§ 45 SGB I) verjähren berechtigte Ansprüche erst nach dem vierten Jahr, das nach dem Jahr der Anspruchsberechtigung folgt. Wichtig ist, dass Sie alle Belege zu den Auslagen aufbewahren, um sie der Pflegekasse vorlegen zu können. Einen Antrag auf Pflegevertretung erhalten Sie auf Wunsch bei Ihrer Pflegekasse.

Beachten:

Neben den Aufwendungen für die geleistete Pflegezeit können auch weitere Kosten (z. B. Fahrtkosten, Verdienstausfall) für die Verhinderungspflege mit der Pflegekasse abgerechnet werden.

Antrag auf Pflegevertretung ausfüllen – so geht`s

Ein Senior füllt den Verhinderungsantrag aus.
Sie können den Antrag auf Pflegevertretung auch später ausfüllen.
Bei vielen Versicherungen ist ein vorgeschriebenes Formular für die Beantragung der Verhinderungspflege erhältlich. Sie können jedoch auch einen formlosen Antrag stellten. Wenn Sie den Antrag auf Pflegevertretung ausfüllen, sollten folgende Informationen im Antrag enthalten sein, um den Anspruch auf die entsprechenden Leistungen geltend zu machen:
  • das Datum, an dem die häusliche Pflege durch die Vertretung begonnen hat.
  • der Zeitraum, in dem die Verhinderungspflege voraussichtlich erfolgen wird.
  • die Information, ob es sich um eine ganztägige (acht Stunden und mehr) oder eine stundenweise Pflege handelt.
  • die Festlegung, von wem die Patienten- und Pflegevertretung übernommen wird.
  • Informationen darüber, in welchem Verhältnis die vertretende Pflegeperson zu dem Pflegebedürftigen steht und ob beide in einem gemeinsamen Haushalt leben.
  • die Entscheidung, ob der Anspruch auf Kurzzeitpflege ebenfalls mit in die Verhinderungspflege einfließen soll.

Mehr über den Antrag auf Verhinderungspflege erfahren Sie in diesem Artikel: „Antrag auf Verhinderungspflege – das sollten Sie beachten“

Die Höhe der Leistungen für Verhinderungspflege

 

PflegegradPflegevertretung durch nahe Angehörige bis zu 6 Wochen im KalenderjahrPflegevertretung durch Freunde, Nachbarn oder Professionelle bis zu 6 Wochen im Kalenderjahr
1Keinekeine
2474 Euro1.612 Euro
3817,50 Euro1.612 Euro
41.092 Euro1.612 Euro
51.351,50 Euro1.612 Euro

 

Ein Beispiel für die Pflegevertretung durch Angehörige:

  Eine beispielhafte Rechnung soll den Unterschied deutlich machen, ob die Pflegevertretung durch eine Angehörige oder z. B. einen Pflegedienst durchgeführt wird: Die Ehefrau eines Antragsberechtigten mit dem Pflegegrad 3 kann für 11 Tage die Pflege ihres Mannes nicht wahrnehmen. Sowohl die Schwiegertochter als auch deren Schwester bieten dem Rentnerpaar ihre Hilfe an. Die tägliche Pflege und/oder Betreuung beansprucht 8 Stunden, insgesamt also 88 Stunden. Als Aufwandsentschädigung würde die Pflegevertretung jeweils 16 Euro pro Stunde bekommen, 1.408 € insgesamt (88 h x 16 € = 1.408 €). Entscheidet sich die Familie für die Unterstützung durch die Schwester der Schwiegertochter (nicht bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert), können die anfallenden Kosten in Höhe von 1.408 € komplett von der Pflegekasse erstattet werden. Soll hingegen die Schwiegertochter die Verhinderungspflege übernehmen, wird lediglich der 1,5-fache Betrag des Pflegegelds von 545 € abgerechnet. Dies sind 817,50 € (1,5 x 545 € Pflegegeld bei Pflegegrad 3 = 817,50 €). Die Differenz zum Rechnungsbetrag über 1.408 € in Höhe von 590,50 € müsste als Eigenanteil von der Rente des Antragstellers finanziert werden. Die Überlegung, wer die Verhinderungspflege durchführt und abrechnet, sollte also sorgfältig angegangen werden, wenn entsprechende Alternativen zur Verfügung stehen.

Beachten:

Für 9 der 11 Tage Verhinderungspflege wird das Pflegegeld der eigentlichen Pflegeperson um 50 % gekürzt. Beim ersten und letzten Tag der Ersatzpflege wird das volle Pflegegeld ausbezahlt. Somit erhält in unserem Beispiel die Ehefrau der Pflegeperson 457,41 € Pflegegeld anstatt 545 €.

Ist auch stundenweise Pflegevertretung möglich?

Nicht immer nimmt eine Verhinderung einen ganzen Tag in Anspruch, zum Beispiel wenn die Pflegeperson einen Arzttermin wahrnimmt oder einen Abend im Kino oder Theater verbringt, der Pflegebedürftige aber nicht allein bleiben kann. In solchen Fällen ist eine stundenweise Verhinderungspflege möglich. Um die Abrechnung mit der Pflegekasse zu erleichtern, sollten bereits im Vorfeld Absprachen mit der Pflegeversicherung getroffen werden.

Beachten:

Überschreitet die Verhinderungspflege einen Zeitraum von acht Stunden an weniger als zwei Tagen nicht, findet zudem keine Kürzung des Pflegegelds statt.

Zusammengefasst:

• bei weniger als 8 Stunden Patienten- und Pflegevertretung täglich => ermöglicht Flexibilität über das ganze Jahr • keine Beschränkung auf 6 Wochen, sondern nur auf den Höchstbetrag von 1.612 € (bzw. 2.418 €) pro Kalenderjahr • Pflegegeld oder anteiliges Pflegegeld wird für die gesamte Dauer in voller Höhe weiterbezahlt

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