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Steigende Wohnkosten belasten Senioren

Eine frustrierte Rentnerin sitzt vor ihrer Fensterbank und schaut auf ihre karge Geldbörse, welche nur noch wenig Geld für den Monat enthält.

Die steigenden Wohnkosten in Deutschland werden vor allem für ältere Menschen immer mehr zur Belastung bis hin zur Überbelastung. Alleinlebenden Senioren droht sogar der Verlust ihrer Wohnung. Das geht aus einer aktuellen Studie von DIW und DZA hervor. Was kann die Politik tun?!

Auch bei den Wohnkosten geht die Schere zwischen Rente und Mieten immer weiter auseinander

Sowohl die Immobilienpreise als auch die Mieten in Deutschland sind in den letzten Jahren stark gestiegen. So haben sich von 2005 bis 2017 die Angebotsmieten im Durchschnitt um knapp 29 Prozent erhöht. Die steigenden Wohnkosten sind ein zunehmendes Problem. Insbesondere für ältere Menschen ab 65 Jahre, denn ihre Einkommen nehmen nicht im selben Maße zu wie die Ausgaben für die Wohnung steigen. Zwischen 2005 und 2017 sind die Renten gerade einmal um 20 Prozent angestiegen. Folglich stellen die Wohnkosten für immer mehr ältere Menschen eine Belastung dar. Für einen wesentlichen Teil von ihnen sogar eine Überbelastung. Das sind die zentralen Ergebnisse einer gemeinsamen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA).

Wohnkosten für Senioren um 101 Prozent gestiegen

2016 gaben Miethaushalte mit einer Person ab 65 Jahren im Schnitt 34 Prozent ihres Nettoeinkommens für Wohnen inklusive Nebenkosten aus. Während hingegen Eigentümer nur 15 Prozent ihres Einkommens für die laufenden Wohnkosten (Zins- und Tilgungszahlungen von Immobilien-Krediten sowie Nebenkosten) aufwenden mussten. Die Wohnkosten für Mieter sind seit 1996 deutlich stärker gestiegen (+101 Prozent) als für Immobilien Eigentümer (+77 Prozent).

Gerade Senioren mit Mini-Rente sind von den hohen Wohnkosten betroffen

Ältere Menschen mit niedrigen Einkommen leben deutlich häufiger zur Miete als andere in dieser Altersklasse und gerade sie sind mit einem rasanten Anstieg der Wohnkosten konfrontiert. Unter den 20 Prozent mit den niedrigsten Einkommen wohnen 66 Prozent zur Miete. Zwar leben heute fast drei Viertel der Haushalte mit dem höchsten Einkommen im Alter im selbstgenutzten Wohneigentum bzw. in Ihrer eigenen Immobilie. Unverändert leben etwa zwei Drittel der älteren Haushalte mit niedrigem Einkommen zur Miete. Gerade für diese Menschen ist die Belastung durch stark steigende monatliche Wohnkosten-Ausgaben extrem hoch. Sie führt für viele zur Überbelastung.  

Grafik: Entwicklung der Rentenzahlbeträge und der Angebots-Mietpreise in Deutschland.
Die Angebotsmieten sind deutlich stärker gestiegen als die gesetzlichen Renten.

Immer mehr Haushalte sind von den Wohnkosten überlastet

Werden mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten ausgegeben, liegt eine Überbelastung durch Wohnkosten vor. Der Anteil der älteren Mieterhaushalte mit einer Wohnkosten Überbelastung ist seit 1996 stark gestiegen und lag im Jahr 2016 bei 38 Prozent. In anderen Worten: Beinahe zwei Fünftel aller älteren Mieterhaushalte leben in nicht angemessen bezahlbarem Wohnraum und müssen – wenn nicht ausreichend Vermögen vorhanden ist – ihre private Ausgaben einschränken, um die monatlichen Ausgaben für Miete und Nebenkosten aufzukommen. Vor zwanzig Jahren lag der Anteil mit rund einem Fünftel noch deutlich niedriger. Berücksichtigt man zusätzlich diejenigen Haushalte, deren Wohnkostenbelastung zwischen 30 und 40 Prozent liegt, was schon als hoch bezeichnet werden kann, sind es im Jahr 2016 fast zwei Drittel der Mieterhaushalte, die 30 Prozent und mehr ihres Einkommens allein für Wohnkosten aufwenden.  

Grafik: Wohnkostenbelastung von Älteren nach Wohnstatus.
Im Jahr 2016 gaben beinahe zwei Drittel der Mieter mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus.

Alleinlebende Senioren droht durch die hohen Wohnkosten der Verlust ihrer Wohnung

„Wer so viel Geld für sein Zuhause aufwendet, muss sich anderweitig oft stark einschränken und läuft Gefahr, sich zu überschulden, wenn seine Wohnkosten weiter erhöht wird“, sagt Markus Grabka, einer der Autoren der Studie. Das gelte vor allem für Senioren mit niedrigen Einkommen und für alleinlebende Menschen. Gerade alleinlebende Personen ab 65 Jahren, die zur Miete wohnen, verwenden im Schnitt über ein Drittel ihres Einkommens monatlich für die laufenden Kosten ihres Zuhauses. Solche Ausgaben sind sozialpolitisch problematisch. Diesen Menschen bleiben kaum Möglichkeiten, ihr Alterseinkommen zu verbessern, so dass auch geringe Miet- und Nebenkostenerhöhungen zu einer finanziellen Überforderung und im schlimmsten Fall zum Verlust der eigenen vier Wände führen können.

In eine kleinere Wohnung ziehen hilft nicht

Es stellt sich die Frage, ob ein Umzug in eine kleinere Wohnung die Wohnkosten reduzieren kann? Diese Frage lässt sich mit einem eindeutigen„Nein“ beantworten. Die Wohnkostenbelastung hat sich seit 1996 für kleineren Wohnungen sogar stärker erhöht als für größere Wohnungen. Damit ist anzunehmen, dass es deutlich schwieriger geworden ist, durch einen Umzug in eine kleinere Wohnstätte auch die Wohnkostenbelastung deutlich zu reduzieren. Zumal Senioren bei einem Umzug, den im Vergleich zu Bestandsmieten, höheren Angebotsmieten ausgesetzt sind.  

Grafik: Wohnkostenbelastung von Älteren nach Wohnstatus und Haushaltstyp.
Die Wohnkosten-Belastung ist bei alleinlebenden Mietern besonders hoch.

Seniorengerechte Wohnungen führen zu hoher Wohnkostenbelastung

Je älter Menschen werden, desto mehr Zeit verbringen sie in ihrer eigenen vier Wänden und ihrem unmittelbaren Wohnumfeld. Dann werden Faktoren wie eine seniorengerechte Wohnung, die Beziehungen zu den Nachbarn, die Versorgungsmöglichkeiten und die Verkehrsanbindung wichtiger, denn oft nehmen mit steigendem Alter auch körperliche Einschränkungen zu . Um in entsprechenden seniorengerechte Wohnungen leben zu können, müssen Senioren oft umziehen und hohe Wohnkosten in Kauf nehmen. Jedoch engen solche hohen Wohnkosten den finanziellen Spielraum zusätzlich ein. Dies verstärkt wiederum das Risiko des sozialen Rückzugs und der Isolation. Schwache oder fehlende nachbarschaftliche Beziehungen treffen ältere Menschen besonders hart, da die nachbarschaftlichen Hilfen und Konversationen für die Bewältigung des Alltags im Alter eine große Bedeutung haben. Bleiben Senioren in ihrem langjährigen Wohnumfeld, zahlen sie zwar einerseits weniger für ihr Zuhause, haben andererseits aber nur selten eine seniorengerechte Wohnung. Auch die Anbindung ans ÖPNV ist oft schlechter und tendenziell liegen weniger Arztpraxen im Umfeld zur Wohnstätte. Dafür sind, durch die langjährige Wohndauer, die Nachbarschaftsbeziehungen und Kontakte oft enger.

Seniorenwohnungen immer häufiger unbezahlbar – Gegenmaßnahmen notwendig

Die Wohnkostenbelastung wird nicht nur durch die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt (Mieterhöhungen, steigende Kaufpreise, steigende Nebenkosten), sondern auch durch die Entwicklung der Alterseinkommen bestimmt. Mehr und mehr Personen verfügen über geringe Alterseinkommen. Das macht es noch schwieriger, bezahlbare Seniorenwohnungen zu finden. Aus gesellschaftlicher Sicht sollte sichergestellt werden, dass die Wohnkosten im Alter für den Einzelnen tragbar sind und nicht zur Überlastung führen. Es muss verhindert werden, dass steigende Mietkosten und sich schwach entwickelnde Alterseinkommen bei Teilen der älteren Bevölkerung zu einer weiteren Zunahme der sozialen Ungleichheit der Wohnbedingungen und der finanziellen Lage im Alter führen. Maßnahmen in drei Richtungen können hier helfen. Zunächst kann die Förderung des Wohneigentums langfristig auch die Wohnkostenbelastung bei Älteren insgesamt reduzieren, da diese bei Eigentümern niedriger ist als bei Mietern. Es sollte außerdem für ausreichende Alterseinkommen (auch aus der gesetzlichen Rente) gesorgt sein. Wenn das Einkommen nicht reicht, ist es Aufgabe der Politik u.a. durch das Wohngeld, die Haushalte zu unterstützen, die durch ihre Wohnkosten überbelastet sind. Das Wohngeld steht häufig in der Kritik, weil es nicht oft genug an die Entwicklung der Einkommen und der Warmmieten angepasst wird. Eine dynamisierte Anpassung des Wohngeldes, wie sie die Bundesregierung beabsichtigt, würde die finanzielle Unterstützung mit der Entwicklung der Mieten besser verbinden. Eine vereinfachte Antragstellung des Wohngeldes würde vermutlich auch die Zahl der geförderten Personen erhöhen. Drittens sollte mittelfristig der soziale Wohnungsbau stärker gefördert werden, da Bezieher niedriger Erwerbseinkommen in der Regel auch im Alter nur über geringe Einkommen verfügen. Die Ausweitung des Angebots sollte dabei den besonderen Bedarf von älteren Menschen (kleine, barrierefreie Wohnungen) berücksichtigen. Ältere Menschen verbringen viel Zeit in ihrem Zuhause und sind in stärkerem Maße auf nachbarschaftliche Kontakte und Unterstützung angewiesen. Aus dem gewohnten Umfeld wegzuziehen, zum Beispiel weil man sich die Wohnung nicht mehr leisten kann, kann für sie besonders negative Folgen mit sich bringen, wie den Verlust der Selbstständigkeit, da Unterstützungsnetzwerke und soziale Kontakte wegfallen. Deswegen ist der Verbleib in der Umgebung für viele ältere Menschen eine Priorität. Um dies zu ermöglichen, sollte der Bestand an Sozialwohnungen substantiell ausgeweitet werden – entgegen dem langjährigen Trend.

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