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Vereinbarkeit von Beruf und Pflege – Wie geht das ohne Stress?

Seniorin wird gefüttert.

Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ist – für Unternehmen wie auch für den Arbeitnehmer – keine leichte Sache. Im Job und zuhause ist man gleichermaßen gefordert. Wie Sie es mit weniger Stress schaffen, und welche verschiedenen Möglichkeiten der Gesetzgeber für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege vorsieht, um Sie zu unterstützen, erfahren Sie hier.

Plötzlich Doppelbelastung von Pflege und Beruf

Für die meisten Arbeitnehmer ist der Alltag straff durchorganisiert. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: ein naher Angehöriger wird plötzlich zum Pflegefall. Das kann zum Beispiel durch einen Schlaganfall passieren. Dann kann sich das nahe Umfeld kaum auf die anstehende Pflegesituation vorbereiten. Wenn sich die Pflegebedürftigkeit langsam entwickelt, können sie alle sich Schritt für Schritt darauf vorbereiten. So wie Michael Schwarz, dessen Eltern zunehmend pflegebedürftiger wurden. So wurde ihm irgendwann klar, dass die regelmäßigen Besuche am Wochenende nicht mehr ausreichen, sondern seine Eltern mehr Unterstützung benötigen. Damit steht Michael Schwarz vor einer Herausforderung, die viele Angehörige in Deutschland kennen: Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.  

Statistik über die tägliche Pflegezeit von pflegenden Angehörigen.
Statistik: Insgesamt gaben rund 51 Prozent der befragten Männer an, dass sie täglich ein bis drei Stunden für die Pflege eines Angehörigen aufwenden.
Schon jetzt gibt es nach Angaben des Bundesfamilienministeriums in Deutschland 2,25 Millionen Menschen, die berufstätig sind und einen Angehörigen pflegen. Wegen des demografischen Wandels werden es in Zukunft noch mehr werden. Das Konzept der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege führt zu einer Doppelbelastung und bedeutet für die Betroffenen sehr viel Stress. Es empfiehlt sich deshalb, den Umgang mit dem Thema Pflege in der Familie schon dann zu besprechen, bevor es einmal soweit ist.

Tipp:

Alternde Eltern können den eigenen Kindern viel Druck abnehmen, wenn sie ihre Kinder ansprechen und mit ihnen über dieses Thema sprechen. Denn gibt es für den Fall der Fälle einen abgestimmten Plan, reduziert das den Stress ungemein.

Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für Unternehmen

Tritt die Situation ein und Berufstätige entscheiden sich, die Pflege für ihre Eltern zumindest teilweise zu übernehmen, sollten sie ihren Arbeitgeber informieren. Das ist wichtig, auch wenn viele meinen, dies wäre zu privat und ginge den Chef nichts an! Doch der Unmut wächst im beruflichen Umfeld schnell, wenn ein Mitarbeiter nicht wie gewohnt funktioniert – und keiner weiß, warum. Dies hat meist negative Folgen und führt zu noch mehr Stress, den man in dieser Situation nicht gebrauchen kann. Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und der dadurch entstandenen zeitlichen Flexibilität ist heute bereits mehr möglich geworden. Der Gesetzgeber sieht verschiedene Möglichkeiten vor, um berufstätige Pflegende zu unterstützen. So kommt das Konzept zur Vereinbarung von Pflege und Beruf etwa auch in Kooperation mit Kommunen und Unternehmen zum Tragen. checkliste pflege zuhause organisieren

1. Pflegeunterstützungsgeld – Auszeit von bis zu zehn Tagen

Bei einem akut auftretenden Pflegefall haben Sie ein Recht darauf, eine Auszeit von bis zu zehn Tagen von der Arbeit zu nehmen. In dieser Zeit erhalten Sie dafür über die Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen eine Lohnersatzleistung (Pflegeunterstützungsgeld) in Höhe von 90 Prozent Ihres Nettogehalts. Der Arbeitnehmer ist im Vorfeld verpflichtet, den Verhinderungsgrund und die voraussichtliche Dauer mitzuteilen. Die zehn Tage müssen Sie nicht an einem Stück nehmen. Sie können auch mehrmals wenige Tage frei nehmen. Außerdem ist es möglich, sich die Arbeitsverhinderung aufzuteilen. Beispielsweise können sich zwei Geschwister jeweils fünf Tage frei nehmen. Entscheidend ist, dass der Anspruch auf insgesamt zehn Arbeitstage pro pflegebedürftige Person beschränkt ist. Dieses Recht gilt gegenüber allen Arbeitgebern unabhängig von der Größe des Unternehmens. Wird ein weiterer Angehöriger pflegebedürftig – nach der Mutter beispielsweise auch der Vater – haben Sie erneut die Möglichkeit, sich für zehn Tage freistellen zu lassen. Zu pflegebedürftigen Angehörigen zählen nicht nur die Eltern, sondern auch Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner. Der Begriff umfasst außerdem Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder sowie Schwiegersöhne, Schwiegertöchter und Enkelkinder.

2. Pflegezeit für bis zu sechs Monate

Dauert die häusliche Pflege Ihres Angehörigen (mindestens Pflegegrad 1) länger, können Sie bis zu sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Job aussteigen. Nach der Pflegezeit haben Sie ein Anrecht darauf, in den alten Job in Vollzeit zurückzukehren. Um den Verdienstausfall in dieser Zeit abzufedern, besteht ein Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Das Darlehen können Sie direkt beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten (BAFzA) beantragen und es deckt grundsätzlich die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Sie können auch einen niedrigeren Darlehensbetrag in Anspruch nehmen, wobei die monatliche Rate mindestens 50 Euro betragen muss. Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit gegenüber Arbeitgebern besteht nur in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten. Dazu zählen auch Auszubildende. Sollten Sie in einem kleineren Betrieb arbeitet, sollten Sie versuchen, auf freiwilliger Basis die Pflegezeit mit ihrem Arbeitgeber zu vereinbaren. Sie müssen die Pflegezeit zehn Tage im Voraus bei ihrem Arbeitgeber ankündigen. Bei dem zu pflegenden Angehörigen sollte ein Pflegegrad anerkannt worden sein. Ist das nicht der Fall, sollten so schnell wie möglich Leistungen der Pflegeversicherung bei der Pflegekasse des Angehörigen beantragt werden. Wenn dem Arbeitgeber schon angekündigt wurde, Pflegezeit in Anspruch nehmen zu wollen, muss der Medizinische Dienst der Krankenversicherung spätestens zwei Wochen nach Antragstellung bei der Pflegekasse seine Begutachtung durchführen und das Ergebnis unverzüglich mitteilen.

3. Familienpflegezeit für die Dauer von zwei Jahren

 

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Statistik: Rund 44 Prozent der befragten Frauen über 60 Jahre gaben an, es sich zuzutrauen, Familienangehörige oder Freunde bis zum Tod zu pflegen.
  Wenn Sie sich über einen längeren Zeitraum um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen (mindestens Pflegegrad 1) in häuslicher Umgebung kümmern müssen, können Sie Ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden pro Woche für die Dauer von bis zu 24 Monaten reduzieren. Auch in dieser Zeit können Sie ein zinsloses Darlehen in Anspruch nehmen. Reichen bei der Pflegezeit 15 Beschäftigte aus, um seinen Rechtsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen, so haben bei der Familienpflegezeit nur Arbeitnehmer in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten einen Anspruch darauf. Arbeitnehmer, die keinen rechtlichen Anspruch haben, sollten sich frühzeitig bei ihrem Arbeitgeber nach Möglichkeiten für die Pflege ihrer Angehörigen erkundigen. Wie auch bei der Pflegezeit muss auch hier ein Pflegegrad beim pflegenden Angehörigen vorliegen. Die Pflegezeit und die Familienpflegezeit können ineinander übergehen. Die Gesamtdauer aller Möglichkeiten der Freistellung beträgt zusammen höchstens 24 Monate.

Tipp:

Zieht sich die Pflege länger als zwei Jahre hin, können mehrere Angehörige die Familienpflegezeit nehmen – nacheinander oder parallel.

Begleitung in der letzten Lebensphase

Um einen pflegebedürftigen Angehörigen in der letzten Lebensphase begleiten zu können, dürfen Sie bis zu drei Monate vollständig oder teilweise aus dem Job aussteigen. Diese Begleitung ist auch möglich, wenn Ihr Angehöriger in einem Hospiz oder einer anderen Einrichtung versorgt wird. Hier liegt der Fokus nicht auf der Pflege des Angehörigen, sondern darauf, die letzte gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen. Ein Pflegegrad ist nicht erforderlich, um die Begleitung in Anspruch zu nehmen. Auch hier gilt der Anspruch auf ein zinsloses Darlehen.

Achtung Versicherungen

Bei allen genannten Pflegezeiten müssen Sie sich über die individuelle soziale Absicherung informieren. Nicht in jedem Fall bleibt der Versicherungsschutz für Kranken- und Pflegeversicherung über den Arbeitgeber bestehen.

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